Was ist nun dieses geheimnisvolle CI?

 

CI ist eine Abkürzung für „Comprehensible Input“. Im Deutschen könnte man es „Input-basierten Unterricht“ nennen. Dies ist ein Überbegriff für eine Vielzahl von Ansätzen, Techniken und Strategien für den Fremdsprachunterricht, bei denen die Vermittlung von verständlichen und spannenden Botschaften in der Zielsprache im Vordergrund steht. Sie basiert in hohem Maße auf der Verständnis-Hypothese von Stephen Krashen, die besagt, dass wir Sprache erwerben, wenn wir verstehen, was Menschen uns sagen und was wir lesen. Mit anderen Worten, es besteht keine Notwendigkeit, Vokabeln oder Grammatikregeln bewusst auswendig zu lernen. Mittlerweile wird auch häufig der Begriff "ADI" verwendet, was für "aquisition driven instruction" steht; also ein Unterricht, der auf echten Spracherwerb ausgerichtet ist und nicht auf das explizite Lernen von Grammatikregeln. 

Bedeutet das etwa, dass das von den Schüler*innen so ungeliebte Pauken und Büffeln grammatischer Regeln gar nicht notwendig ist? Genau! Stattdessen entsteht allmählich eine feste Kenntnis der grammatikalischen Regeln (ein Gefühl für die Korrektheit) und ein großer Wortschatz, wenn der Sprachenlerner einen verständlichen Input (gesprochene oder geschriebene Sprache, die verstanden wird) von der Lehrkraft erhält.

Wenn wir mal ehrlich sind, haben die meisten Muttersprachler erschreckend geringe grammatische Kenntnisse über die eigene Sprache. Glaubst du nicht? Bitte einfach mal Menschen aus deinem Bekanntenkreis (bitte keine Fremdsprachenlehrer*innen) dir das Verb „haben“ in der zweiten Person Plural im Plusquamperfekt zu konjugieren. Die meisten werden keine Ahnung haben, was um Himmels Willen du da von ihnen willst. Oder frage mal jemanden, wie die vier grammatischen Fälle des Deutschen heißen und wie man nach ihnen fragt. Auch hier wirst du in verwirrte Gesichter schauen.

Wenn du aber zu einem deutschen Muttersprachler sagst: „Lege mal bitte das Buch auf der Tisch!“ wird jeder sofort den Fehler erkennen und dir sagen können, dass es doch „auf den Tisch“ heißen muss. Und das alles, ohne zu wissen, welcher grammatische Fall das gerade ist. Einfach, weil im Laufe des Spracherwerbs ein Gefühl für korrekte Sprache entstanden ist. Du hast es immer wieder richtig gehört und dein Gehirn hat die grammatische Struktur dafür in deinem Gehirn angelegt.

Das Gehirn benötigt allerdings viele Wiederholungen, um neue Wörter zu erlernen, und viele weitere Wiederholungen, um eine neue Struktur ("ein Grammatikmuster") zu beherrschen und richtig zu verinnerlichen. Das Erlernen braucht Zeit, und die Aneignung geschieht bei jedem in einem etwas anderen Tempo.

 

Um den Schüler*innen eine massive Menge an verständlichem Input zu liefern, streben CI-Lehrkräfte danach, mindestens 90% der Zeit in der Zielsprache zu unterrichten. Beliebte Input-basierte Aktivitäten sind das Story-Listening, TPRS (Teaching Proficiency through Reading and Storytelling, Clip-Chat/Movie-Talk, TPR (Total Physical Response), One-Word-Images und unterschiedliche Leseaktivitäten. 

 

Auch ist es wichtig, dass der Input von den Schüler*innen als spannend und interessant empfunden wird und nicht nur verständlich ist. Wenn man über interessante oder sogar etwas bizarre und verrückte Dinge spricht, wollen die Schüler*innen verstehen, was in ihrem Sprachunterricht passiert. In dem Moment, wo Schüler*innen gespannt zuhören und das Gesagte verstehen, findet Spracherwerb statt! Im Idealfall vergessen die Schüler*innen sogar, dass der Input in der Zielsprache stattfindet. Es ist in der Tat so einfach, dass jeder den Erfolg beim Erwerb einer Sprache erleben kann, wenn er mit verständlichem Input unterrichtet wird (sogar Schüler*innen mit Lernbehinderungen oder Schüler*innen aus anderen Bevölkerungsgruppen, die traditionell in Sprachprogrammen unterrepräsentiert sind). Schließlich ist praktisch jeder Mensch auf der Welt in der Lage, seine Muttersprache erfolgreich zu erlernen.

 

Eine Sache, die den CI-basierten Unterricht vom Lehrbuchunterricht unterscheidet, ist die Verwendung der Muttersprache. Diese wird allerdings nur zur schnellen Bedeutungsgebung verwendet. Mit anderen Worten, wir sagen den Schülern schnell die Bedeutung unbekannter Wörter in ihrer Muttersprache, damit niemand im Unklaren bleibt. Dies unterscheidet sich sehr von Lernmethoden, in der die Schüler*innen gezwungen sind, die Bedeutung von Wörtern aus dem Kontext zu erschließen. Es klingt zwar total logisch und einleuchtend, sich Dinge aus dem Kontext abzuleiten, doch leider fällt dies den Schüler*innen unglaublich schwer und ich musste die letzten Jahre in meinem Unterricht feststellen, dass es einfach nicht funktioniert. Deswegen machen wir uns im Input-basierten Unterricht die Tatsache zunutze, dass die Lehrkraft und die Schüler*innen bereits in einer Sprache kommunizieren können, während sie ihre zweite Sprache lernen.

 

Credit: dieser Text ist aus dem Englischen übersetzt mit einigen Ergänzungen. Der englische Originaltext wurde von Robert Lyon geschrieben und kann hier (http://teachingcomprehensibly.com/tci-introduction/) gelesen werden. Die Übersetzung erfolgte selbstverständlich mit Einverständnis des Autors.